Luftansicht Bad Heilbrunn, © Bildverlag Bahnmüller
Bierhäusl
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Bierhäusl

In einer Zeit erbaut, als es in Bayern noch keine Selbstverständlichkeit war, ein Bier zu bestellen: das Bierhäusl.

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Eine Wirtschaft gab es schon lange in Bad Heilbrunn, genau genommen seit 1571. Damals einigten sich zwei Brüder darauf, dass die Unterbringung und Verpflegung von Kurgästen nicht mehr zu Lasten der Landwirtschaft gehen sollte. Während der Ältere der beiden das Familienanwesen übernahm, baute der Jüngere, Melchior Pfetterl, vis-à-vis einen Gasthof, der zunächst „Beim Würth“, später „Zur Post“ heißen sollte. Mag es für unsere Ohren seltsam klingen, aber von Bierkonsum konnte damals selbst im tiefsten Oberbayern noch keine Rede sein. Das lag weniger am sich wandelnden Geschmack der Menschen, als an den schwierigen Lagermöglichkeiten. Für Bier benötigte man Eiskeller, Wein hingegen war da weniger anspruchsvoll. Laut Vertrag war das Lokal zunächst ausschließlich zur Bewirtung von Badegästen und für die Herren des Klosters ausgerichtet. Dafür erhielt das Wirtshaus von Georgi (23. April) bis Martini (11. November) – so lange dauerte nämlich die Saison – das Schankrecht für Wein.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde dann direkt an der Straße nach Bad Tölz ein zweiflügeliger Halbwalmdachbau gebaut. Seine Lage außerhalb des eigentlichen Ortskerns erleichterte es, die Konzession für das Bierschankrecht zu erhalten. Damit war das „Bierhäusl“ und eine zweite Wirtschaft geboren, lange Zeit die „Filiale“ des Wirts in der Ortsmitte, in der vor allem Steinbrecher, Handwerker und Fuhrleute einkehrten.

Ob es wirklich 1705 hier konspirative Treffen gab, welche den Bauernaufstand in Sendling zum Inhalt hatten, bleibt bis heute ein Gerücht, das weder nachgewiesen noch widerlegt werden kann. Sicher jedenfalls ist, dass ab 1713 die Familie Noderer das Bierhäusl übernahm. Aus dieser Wirtsdynastie entstammten auch die ersten beiden einheimischen Lehrer.

1726 tauchte das Bierhäusl sogar in den Heilbrunner Kirchenstiftungsbüchern auf. Hier ist unter der Rubrik Einnahmen zu lesen:

„Und in dem Stöckhl, so man bey dem neuen pierschenkhäusl an der Tölzer Straß dies Jahr zum erstenmal erricht, hat man erfunden 53 Kreuzer 3 Heller.“[1]

Diese Wirtshausopferstöcke waren keine Heilbrunner Erfindung. Sie wurden meist eingemauert in eine Wand, um sie besser (leider aber nicht immer erfolgreich) vor Dieben zu schützen und dienten zum Sammeln von Spenden für den Neubau der Kirche. Sie wurden auch danach noch fleißig befüllt, laut dem ehemaligen Pfarrer Rudolf Hauser waren „die verhältnismäßig höheren Opfergelder im Bierhäusl wohl eine Folge des damals stärkeren Fuhrwerksverkehrs auf der Tölzer Straße“[2]. Heute findet man keine kirchlichen Spendenbüchsen mehr in den Wirtshäusern. 1942 verschwand er aus dem Gasthof „Zur Post“, etwas früher schon aus dem Bierhäusl.

2012 folgte der Gasthof „Zur Post“ gewissermaßen dem Schicksal der Wirtshausopferstöcke: er wurde abgerissen, nachdem es schon lange keine Pächter mehr gab. Anders als das „Bierhäusl“, das nach wie vor seit über 300 Jahren Gäste willkommen heißt.

 

[1]Hauser R., Heilbrunner Wirtshausopferstöcke, Tölzer Kurier Nr. 114 vom 18.05.1942

[2]s.o.

Kontakt

Bierhäusl
Bierhäuslweg 11
83670 Bad Heilbrunn