Luftansicht Bad Heilbrunn, © Bildverlag Bahnmüller
Pfarrhaus
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Pfarrhaus

1808 überließ Joseph Freiherr von Utzschneider der gerade erst eigenständig gewordenen Pfarrei etwas Grund neben der Quelle und aus den Überresten des alten Badehauses entstand das neue Pfarrhaus.

525041, © lisa Bahnmüller

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Seit 1806 war der ehemalige Pater aus Benediktbeuern, Jacop Gattinger, nun schon Pfarrer in Bad Heilbrunn, doch als Wohn- und Arbeitszimmer stand ihm nur eine Unterkunft in einem Bauernhof zur Verfügung. Eine Änderung zeichnete sich erst ab, als Joseph Freiherr von Utzschneider das Kloster Benediktbeuern für seinen Schützling, den Optiker Joseph Fraunhofer vom bayerischen Staat erwarb. Dieses war drei Jahr zuvor im Zuge der Säkularisation aufgelöst worden, es fiel damit an den Staat, der das Land verkaufte. Unter der Grundstücksmasse des Klosters befanden sich auch die Heilbrunner Kur- und Badeanlagen sowie die Quelle selbst. An denen hatte Utzschneider so gar kein Interesse, so dass er diese umgehend an den Staat zurück verkaufte. Im Nachhinein sicherlich kein kluger Schachzug, doch damals erkannte man den Wert der Quelle nicht, dafür ebenso wenig wie für das benachbarte Grundstück mit den Mauerresten, an denen der Zahn der Zeit nagte.

Doch was steckte hinter den Ruinen, die zurzeit des Pfarrers Gattingers den Kindern als Abenteuerspielplatz dienten?

Vermutlich wurden bereits 1530 genau an dieser Stelle erste, kleine Badekästen errichtet, in denen Kurfürstin Maria Jacobäa ihr Jodbad genießen konnte. 1545 jedenfalls begann das Kloster, einige dieser Badekästen zu einem größeren Badehaus zusammenzufassen. Obwohl dieses sogar fünfzig Jahre später renoviert worden war, dürfte er den Ansprüchen der neuen Landesherrin nicht mehr entsprochen haben. Mit Kurfürstin Henriette Adelheid, geborener Prinzessin von Savoyen-Piemont, brach in Bayern nämlich die Zeit des Barocks an.

Nur für sie beauftragte Kurfürst Ferdinand Maria im Winter 1658 den Abt des Klosters Benediktbeuern mit dem Bau eines neuen Badehauses, mit dem bereits im Januar des Folgejahres begonnen wurde. 125 Klosteruntertanen errichteten unter der Aufsicht des Hofarchitekten einen zweistöckigen Vierseithof mit Badetrakt im Erdgeschoss sowie Schlaf- und Wohnräumen in der oberen Etage. Doch damit nicht genug. Gleichzeitig baute man ein neues Brunnenhaus und ein Kesselhaus. Beide waren über Leitungen verbunden. Das frische Heilwasser konnte im Kesselhaus erwärmt und über Rohre direkt in den Badetrakt geleitet werden. Es folgte ein überdachter Wandelgang, eine Hütte für die elf Personen zählende Leibwache, eine Remise für die Kutschen, Stallungen für etwa 200 Pferde, deren Kapazität, wie sich alsbald zeigen sollte, nicht ausreichte, eine Metzgerei im Weiler Wörnern und ein Geflügelhaus, um einen Teil des täglichen Bedarfs der Kurfürstin nebst Entourage zu decken.

Nach nur fünf Monaten Bauzeit erreichte am 05. Juni 1659 ein kurfürstlicher Tross aus rund 150 bis 200 Personen sowie 350 Pferden das beschauliche Dorf Heilbrunn. Ein Leibarzt, zwei Beichtväter und engste Vertraute wie Gesellschafterinnen, Edelknaben und Kammerzofen wohnten direkt mit der Kurfürstin im Badehaus, das restliche Gefolge, darunter auch Musiker und Barbiere, mussten in umliegenden Höfen Unterkunft finden.

Doch damit war es aber noch lange nicht getan. Für den alltäglichen Bedarf bestellte man Badegeschirr von Schäfflern sowie Wäsche- und Angelschnüre eines Seilers aus Tölz, man kaufte Wasserkrüge, Kammergeschirr und Giesbecken und benötigte Leinwände und Mörser für Schießübungen, aber auch Tische, Bänke und Betten.

Allein die Verpflegung so vieler Menschen war eine logistische Meisterleistung. Was man auf den Hofküchenrechnungen für die in Heilbrunn verbrachten fünf Kurwochen lesen konnte, erweckte jedenfalls nicht den Eindruck einer strengen Diät[1]:

6.400 Liter Bier von Tölzer Brauern

1.276 Liter Milch

16 Liter Rahm

täglich 400 Stück Brote aus Benediktbeuern

9.703 Eier

130 kg Butter aus Schleißheim bei München

5 kg Käse aus Tegernsee

Gemüse und Obst aus dem Franziskanerkloster Tölz

an Fleisch: 4 Ochsen, 18 Kühe, 131 Kälber, 108 Lämmer, 2 Spanferkel, 2 Kitzen, 4 Hirschen, 5 Gämsen, 2 Rehe

an Geflügel: 6 Pfauen, 1 Schneehuhn, 5 Wildenten, 968 Hähnchen, 103 Hennen, 157 Tauben

an Fisch: Forellen aus Ettal, Kochel, Schlehdorf, Tölz und Seehausen sowie Krebse aus Tölz und Königsdorf

Am 11. Juli1659 kam Kurfürst Ferdinand Maria erneut, um seine Gemahlin persönlich nach Hause zu begleiten und brachte weitere 123 Pferde mit für den Transport der wichtigsten Gegenstände in die Residenz nach München. Das Badehaus, das zum Grundbesitz des Klosters Benediktbeuern gehörte, wurde mit einem Bademeister versehen, der allerdings dem Hof unterstellt blieb. Im Gegensatz zu dem Hof nahestehenden Adeligen kehrte Henriette Adelheid, dank der Geburt ihrer Kinder, nie mehr nach Heilbrunn zurück. Sie ließ sich jedoch regelmäßig das gesunde Heilbrunner Jodwasser in Fässern mit dem Floß in die Residenz nach München bringen.

Ab 1705, ein Jahr das untrennbar mit den Bauernaufständen und dem Krieg gegen Österreich verbunden ist, scheuten Adelige den Kurort Heilbrunn aufgrund der Nähe zur Grenze. Das Badehaus, dessen Pracht schon früh im Hochaltarbild von St. Kilian festgehalten wurde, war dem Verfall preisgegeben. Schließlich diente es so manchem Einheimischen als Steinbruch.

Für Pater Jacob Gattinger jedoch war der Grund neben der Kirche ebenso wertvoll wie die sich darauf befindende Ruine. An der Südost-Ecke des ehemaligen Badehauses entstand das neue Pfarrhaus, schräg gegenüber, auf den nordwestlichen Ruinen das sogenannte Jäger- oder Mesnerhaus, welches bis 1920 als Schule und schließlich als Pfarrheim diente, bis es dem heutigen Pfarrheim Platz machte. Und so ist heute die Mauer um den Pfarrgarten das Einzige, was noch an die Ausmaße des alten Badehauses und die glorreichen Jahre als Hofbad der Wittelsbacher erinnert.

[1] Mitterwieser A., Bad Heilbrunn als altes Hofbad, Heimatgeschichtliche Beilage des Tölzer Kuriers Nr 202/1932.

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